"Eine Stunde macht
hundert Schöpfer". Eine Untersuchung zum
Talentetauschsystem am Schöpfwerk Irene Berlach-Pobitzer |
Im April 1996 gründet die Bassena, das kommunale Stadtteilzentrum
in der Wiener Stadtrandsiedlung "Am Schöpfwerk", ein local
exchange trading system (LETS), auch bekannt als
Talentetauschsysteme, Tauschringe oder Tauschkreise.
Im Rahmen des installierten Local Exchange Trading Systems (LETS),
das "100 Schöpfer - Projekt", eine Art Dienstleistungsbörse ,
ähnlich einer Barter-Börse, unterstützen sich die BewohnerInnen
gegenseitig. Sie tauschen Arbeit gegen Arbeit. Kinder
beaufsichtigen, Fahrräder reparieren, Kuchen backen,
Nachhilfestunden - der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Was
die Arbeit wert ist, machen sich die TeilnehmerInnen untereinander
aus. Abgerechnet wird in fiktiven Währungseinheiten, in diesem
Falle handelt es sich um "Schöpfer". Eine regelmäßig erscheinende
Marktzeitung informiert über Angebot und Nachfrage.- An die Stelle
von anonymen Tauschbeziehungen treten Vertrauen und
Gegenseitigkeit.
Vorläufer dieser Idee gab es in den 1930ern in Deutschland und
österreich. Richtigen Aufschwung nehmen diese Tauschsysteme
allerdings erst jetzt. Mitte der 1980er treten im
angloamerikanischen Raum mehr und mehr solcher LETS hervor;
mittlerweile verbreitet sich die Idee auch im deutschen Sprachraum
vermehrt
Die vorliegende Arbeit beschreibt, wie das "100 Schöpfer-Projekt" entstanden ist und sich bis jetzt (Stand Mitte 1998) entwickelt hat. Dafür wurden qualitative Methoden (Grounded Theory und ethnographische Feldforschung) verwendet.
Im wesentlichen wurden bis jetzt haushaltsnahe Dienstleistungen
wie Tätigkeiten rund um den Haushalt (Kuchen backen, Fenster
putzen u. ä.), HeimwerkerInnenarbeiten und Unterrichtsstunden
getauscht.
Diejenigen, die mitmachen, berichten über eine Steigerung ihrer
Lebensqualität. Die ursprüngliche Erwartung, Personen, die aus dem
Erwerbsleben ausgeschieden sind, verstärkt zu integrieren, konnte
nicht erfüllt werden.
zurück | index
| aus der praxis | nächste seite