Studierende Mütter an den Wiener Universitäten
29. Oktober 2001

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AKTUELLES: In Kürze werden die Ergebnisse dieses Projektes im Studienverlag erscheinen: Christine Urban (Hg.), Evaluierung der Situation studierender Mütter an Wiener Universitäten.
Vorbestellungen beim Verlag.


Projektteam

Projektleitung: Christine Urban
Weitere Mitarbeiterinnen: Renate Egger, Regina Reimer

Vorgeschichte

Initialzündung für das Projekt ist die Anfrage einer betroffenen alleinerziehenden Studentin Ende 1996, die situationsbedingt beinahe ihr Studium aufgeben muß. Die Rückfrage bei Studentenkindergärten, Kontaktstellen für Alleinerziehende und weiteren ExpertInnen ergibt reges Interesse an einer Evaluierung der Situation studierender Mütter.
Vorerhebungen zum Projekt wurden Ende 1997, Anfang 1998 durchgeführt. Im Sommer 1998 begannen wir mit der Befragung betroffener StudentInnen. März 2000 konnten wir das Projekt abschließen.

Förderung

Das vorliegende Projekt wird von folgenden Stellen gefördert: Außerdem hat eine Förderung der Stadt Wien (MA 18 Stadtplanung, Gruppe Wissenschaft) Vorerhebungen und eine telefonische Umfrage unter ExpertInnen und Kontaktstellen ermöglicht.

Methode

Vorerhebungen: Recherche, Analyse vorhandener Quellen.
Empirische Untersuchung: Es wurden 19 qualitative teilstrukturierte Interviews durchgeführt und ausgewertet.

Fragestellungen

Die Lebens- und Studiensituation von studierenden Müttern in Wien soll beschrieben werden. Unter anderem wird folgenden Fragen nachgegangen: Unter welchen Bedingungen kann es zu einem positiven Studienabschluß kommen? Welche Bewältigungsformen werden von studierenden Müttern gewählt? Wie sind Studienbedingungen und die Situation an den Universitäten, sowie vorhandene Kinderbetreuungseinrichtungen zu bewerten? Welche jeweils besonderen Problemlagen ergeben sich bei Alleinerzieherinnen und Studentinnen mit Partnern?

Ergebnisse

"Studieren mit Kind/ern" wird von einigen der betroffenen Frauen als Lebensmodell vorgestellt, in das sich zwei anspruchsvolle Aufgaben, nämlich der Erwerb einer hochqualifizierenden Ausbildung und die Kindererziehung, ausgezeichnet integrieren lassen. Auf der anderen Seite werden einige Frauen durch diese Situation massiv überfordert. Es kann zur Stagnation ihres Studiums kommen und es besteht die Gefahr eines Abbruchs. Ob Studium und Kindererziehung von Betroffenen gleichzeitig bewältigt werden können und ob die Vor- oder die Nachteile dieses Modells überwiegen, hängt von der gesamten Lebens- und Studiensituation der einzelnen Studentin ab.
Studierende Frauen mit Kind/ern sind ebenso wie berufstätige Mütter einer Doppelbelastung ausgesetzt.
Neben dem Kind zu lernen oder Arbeiten zu schreiben, ist nur sehr eingeschränkt möglich. Auch kann das Kind nur fallweise auf die Universität mitgenommen werden. Der Organisationsaufwand, um das Studium neben dem Kind zu betreiben, ist meistens sehr hoch - und steigt beträchtlich, wenn sehr kleine Kinder oder mehr als ein Kind zu betreuen sind.
Der beruflichen Perspektive wegen ist es für die Betroffenen jedoch von großer Bedeutung, das Studium möglichst rasch abzuschließen. Charakteristisch ist daher das Studieren unter Zeitdruck: Das Lernen für Prüfungen und das Schreiben von Arbeiten werden zwischen vielfältigen anderen Aufgaben eingeschoben. Fast jede Minute, in der der Nachwuchs schläft oder sich in anderwärtiger Betreuung befindet, wird der Ausbildung gewidmet. Viele der Interviewten studieren de facto in der Nacht, während sie tagsüber das Kind/die Kinder betreuen. Der andauernde Streß kann zu Burn-Out-Symptomen führen. Alle Anstrengungen können nicht verhindern, daß sich der Studienabschluß verzögert, da das Studium durch unvorhergesehene Ereignisse (z. B. Krankheit eines Kindes) immer wieder unterbrochen wird.
Trotz der enormen Belastungen stehen studierende Mütter zum gewählten Lebensmodell. Als vorteilhaft wird z. B. das relativ hohe Ausmaß an zeitlicher Flexibilität beschrieben, das ein Studium zumeist im Gegensatz zu einer Berufstätigkeit aufweist. Insoferne kann Studieren eine vergleichsweise gute Vereinbarkeit mit Kinderbetreuung aufweisen. Besonders im Hinblick auf die gesamte Lebensplanung werden von Betroffenen sehr wesentliche Argumente vorgebracht: Da die Frauen noch während des Studiums die Familiengründung weitgehend abschließen und sich danach in noch relativ jungen Jahren auf den Berufseinstieg konzentrieren können, werden recht gute Chancen gesehen, die Benachteiligung von Müttern auf dem Arbeitsmarkt gering zu halten. Es wird dagegen als sehr ungünstig betrachtet, erst nach Beendigung eines Studiums Kinder zu bekommen, da nach dem Studium der rasche Einstieg ins Berufsleben und der kontinuierliche Erwerb von Praxis ratsam erscheint. Zu diesem Zeitpunkt besteht die Gefahr, daß die Frau entweder auf die Familiengründung oder die berufliche Karriere verzichten muß. "Studieren mit Kind/ern" wird zusammenfassend von den Betroffenen zwar als arbeitsintensiv, organisationsaufwendig und stressig erlebt, aber als sinnvollste Möglichkeit bewertet, sowohl den Wunsch nach Kindern als auch nach einer anspruchsvollen Berufstätigkeit zu verwirklichen.

Vor allem folgende Faktoren können wir als ausschlaggebend dafür nennen, wie gut das Studium mit der Kinderbetreuung vereinbart werden kann:

Finanzielle Situation der Studentin

Unbedingte Voraussetzung ist das Vorhandensein irgendeiner finanziellen Grundlage: Ohne Stipendium, Rente oder andere private oder öffentliche Zuwendung ist Studieren mit Kind/ern kaum auf Dauer zu realisieren. Jene Zeit und Energie, die eine ohnedies schon doppeltbelastete Studentin für den Gelderwerb aufbringen muß, fehlt ihr, um das Studium voranzutreiben. Der Abschluß rückt immer weiter in die Ferne, es besteht bei sozial schwachen studierenden Müttern die Gefahr eines Abrutschens in niedrigqualifizierte Tätigkeiten, bei manchen geht vielleicht sogar jegliche Perspektive auf Berufsausübung verloren.

Wohnsituation

Finanziell schwache Frauen haben häufig auch Wohnprobleme. Oft müssen sie immer wieder umziehen oder sie leben in Verhältnissen, die ein ungestörtes Arbeiten unmöglich machen. Des weiteren beobachten wir, daß v. a. Alleinerzieherinnen häufig Wohnlösungen suchen oder erproben, die eine Entlastung bei der Kinderbetreuung versprechen (z. B. Wohngemeinschaften, StudentInnenheime, Vermietung an andere Mütter usw.).

Soziales Umfeld

Wesentlich für die Moral und das Durchhaltevermögen der Betroffenen ist, daß Familie und Freundeskreis das Studium ernst nehmen. Im Gegensatz dazu erleben manche Frauen, daß ihr Studium quasi als Nebenbeschäftigung einer "Nur-Hausfrau-und-Mutter" abgewertet wird. Zur emotionalen Unterstützung ist für viele das Vorhandensein von FreundInnen, die ebenfalls mit Kind/ern studieren, von besonderer Bedeutung.

Engagement der Väer

In sehr unterschiedlichem Ausmaß übernimmt der Vater des Kindes/der Kinder Verantwortung und Betreuungsaufgaben und/oder steuert etwas zum Lebensunterhalt bei. Die befragten Alleinerzieherinnen sind naturgemäß deutlich gefährdeter, im Stich gelassen zu werden. Bei aufrechter Lebensgemeinschaft mit dem Kindesvater fühlen sich die Frauen zumeist vom Partner unterstützt, allerdings werden Ungerechtigkeiten hinsichtlich der Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung wahrgenommen. Frauen, die mit einem "Geldverdiener" zusammenleben, müssen das Abdriften in die Rolle einer "Nur-Hausfrau-und-Mutter" abwehren. Bei Studentenpärchen hätten wir eine gleichberechtigtere Aufteilung der Kindererziehungsaufgaben erwartet, sie wird aber nicht im theoretisch möglichen Ausmaß umgesetzt.

Unterstützung bei der Kinderbetreuung

Wir beobachten, daß das Ausmaß der Unterstützung durch die Herkunftsfamilie sehr wesentlich für die gesamte Situation ist. Pensionierte Großeltern können natürlich sehr entlasten, aber auch berufstätige Eltern engagieren sich oft, um der Tochter das Studium zu ermöglichen. Hier sind Studentinnen aus den Bundesländern meistens durch die räumliche Entfernung ihrer Angehörigen benachteiligt.

Vorhandensein geeigneter institutioneller Kinderbetreuungsmöglichkeiten

Universitätskindergärten werden häufig als sehr günstig beurteilt, weil sie den studentischen Bedürfnissen gut angepaßt sind. Allerdings fehlen hier Kapazitäten. Es ist v. a. für Kinder unter 3 Jahren sehr schwierig, geeignete Betreuung zu finden.

Klima an den jeweiligen Universitätsinstituten

Studierende Mütter sind durch ihr eingeschränktes Zeitbudget von der Rücksichtnahme von ProfessorInnen und KommilitonInnen abhängig. Seitens der ProfessorInnen ist insbesondere Flexibilität bei der Vergabe von Terminen für Prüfungen, Sprechstunden oder Arbeitssitzungen, hinsichtlich der Auflockerung von Anwesenheitspflichten u. ä. notwendig. Seitens der KommilitonInnen besteht v. a. die Gefahr, daß Studierende mit Kind/ern sozial isoliert werden, weil ihnen der Freiraum für studentische Aktivitäten fehlt. Daher sollten ihnen KommilitonInnen entgegenkommen, etwa bei der Organisation von Lern- und Arbeitstreffen oder der Weitergabe von Skripten, Informationen usw. An einigen Instituten sind StudentInnen mit Kind/ern in hohem Ausmaß integriert: Die Kinder werden zu Lehrveranstaltungen oder Exkursionen häufig mitgenommen, es kann viel - telefonisch oder per Internet - von zu Hause aus erledigt werden, weil sich die universitäre Umgebung bemüht, der Mutter aufwendige Wege mit Kind/ern zu ersparen. Leider wird auch das Gegenteil erlebt. Mangelndes Verständnis seitens der Lehrenden und Mitstudierenden kann Studierende mit Kind/ern in ihrem Fortkommen behindern.

Im jeweiligen Studium vorherrschende Arbeitsformen

Für universitäre Ausbildungen müssen z. T. sehr unterschiedliche Leistungen erbracht werden, die von den befragten studierenden Müttern unterschiedlich gut bewältigt werden können. Die einzelnen Studien unterscheiden sich nicht nur durch formale Vorgaben, sondern auch darin, in welcher Form die Leistungen überwiegend erbracht werden müssen: Der Besuch universitärer Veranstaltungen stellt studentische Mütter vor große Probleme, wenn jedesmal Kinderbetreuung gesucht werden muß. Besonders schwierig ist die Teilnahme an längerdauernden Exkursionen zu bewerkstelligen, ähnliches gilt oft für Block- und Wochenendveranstaltungen. Ob Abendveranstaltungen als problematisch oder wünschenswert betrachtet werden, hängt von der gesamten Kinderbetreuungssituation der einzelnen Frauen ab. Als günstigste Arbeitsform wird dagegen alles beschrieben, was von zu Hause aus erledigt werden kann. Allerdings kann für Frauen, die tagsüber über keine längerdauernden kindererziehungsfreien Zeiten verfügen, das Lernen für große Prüfungen oder das Abfassen umfangreicher Arbeiten (z. B. Diplomarbeit) zu besonderen Hürden werden, da durchgehendes, konzentriertes Arbeiten oft nicht möglich ist. Es wäre daher ein Aufteilen solcher Arbeiten in übersichtliche Portionen als günstiger zu bewerten.

Fazit

Insgesamt kann "Studieren mit Kind/ern" unter bestimmten Bedingungen als sehr sinnvolle Möglichkeit bewertet werden, neben der Kindererziehung eine fundierte berufliche Ausbildung zu erwerben. Eine Optimierung dieser Bedingungen wäre anzustreben, damit möglichst viele Personen dieses Modell wählen können. In einem Empfehlungskatalog schlagen wir daher Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Betroffenen vor, wie etwa

Weiterführende Links

Die folgenden Links sind nützliche Adressen zum Thema, die besonders für kindererziehende Frauen in Ausbildung im Wiener Raum interessant sind. Wir haben Seiten ausgewählt, auf denen viel konzentrierte Information zu finden sind, die mit einiger Sicherheit regelmäßig überarbeitet werden.

UNIKID

http://www.univie.ac.at/unikid/ Demnächst wird an der Universität Wien das Projekt UNIKID beginnen. Es handelt sich dabei um eine Austauschplattform für Studierende und Lehrbeauftragte an den Universität Wien, die Kinder zu betreuen haben.

Pinboard

http://www.rund-ums-baby.de/uni/pinboard/mebboard.php3
Hier kannst du Kontakt mit anderen StudentInnen mit Kind/ern aufnehmen oder diskutieren. Eine Datenbank erlaubt es, KollegInnen in Deiner Universitätsstadt zu finden.

Sozial- und Frauenreferate der Österreichischen HochschülerInnenschaft

An den österreichischen Universitäten nehmen sich vor allem die HochschülerInnenschaften dieses Themas an. Zuständig sind die Sozial- oder Frauenreferate: http://frauen.oeh.net/linx/referate.html.
Umfangreiche Informationen zum Thema Studieren mit Kind findest du auch im Sozialreferat der TU Wien: http://info.tuwien.ac.at/htu-info/referate/sozial/cmitkind.html.
Bei der ÖH kannst Du die Borschüre Studieren mit Kind bestellen: http://www.oeh.ac.at/brosch.asp.
Das Sozialreferat der ÖH an der Uni Wien organisiert während des Semesters eine Kommunikationsgruppe für studierende Eltern. Informationen darüber gibts unter http://www.oeh.univie.ac.at/Referate/sozialreferat.htm .

Kinderbetreuung

Auf dem Server des Bundesministeriums für Wissenschaft, Unterricht und Kultur findet sich eine Liste von Uni-Kindergärten: http://www.bmwf.gv.at/2studinf/07sozial/73kinder.htm.
Sehr viele Informationen bietet auch das Online-Angebot des Magistrats der Stadt Wien, Zum Thema Kinder ist so ziemlich alles Wissenswerte über Kinderkriegen und Kinderhaben zusammengestellt, wie Rechtsinformationen, Aktionen für Kinder, Kinderbetreuungsmöglichkeiten in Wien usw. zusammengestellt: http://www.magwien.gv.at/ma53/in_kind.htm.

Frauenadressen

Die Ceiberweiber bieten ein unübertroffenes, nach Bundesländern geordnetes, kommentiertes Adreßverzeichnis, das laufend ausgebaut wird: http://www.ceiberweiber.at/adressen/ .
Viele, vor allem auf Wien bezogene Informationen und Links sowie Veranstaltungshinweise hat auch das Frauenbüro der Stadt Wien zusammengestellt: http://www.magwien.gv.at/ma57/ .

Bildung

Linksammlungen zum Thema Bildung/Schulen können für Dich selber oder auch für Dein Kind wichtig sein. Unter Schulen in Wien findest du in Wien Online ziemlich viele Informationen und Links zu diesem Thema: Den großen Wiener Schulführer, das Schulservice, das GPA - Service für SchülerInnen, StudentInnen, Lehrlinge und junge Angestellte, die Wiener Schulverwaltung, den Wiener Bildungsserver, die Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege, die Modeschule Hetzendorf, Akademien und Institute der Stadt Wien und des Bundes usw.: http://www.magwien.gv.at/ma53/schulen.htm .
Die Weiterbildungsdatenbank Wien ist eine umfassende, überinstitutionelle Datenbank des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (WAFF) mit mehr als 15.000 aktuellen Kursangeboten: http://www.weiterbildung.at/.
Die österreichische Schulen im Netz, findest Du, nach Bundesländern geordnet, auf dem Server des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur: http://www.bmuk.gv.at/fssin.htm .
Weitere Bildungseinrichtungen/-möglichkeiten fundest Du in Wien online unter http://www.magwien.gv.at/ma53/in_bild.htm .

Frauenforschung

Das Zentrum für Frauenforschung bietet viele weiterführende Links und natürlich das kommentierte Vorlesungsverzeichnis für Frauenforschung: http://www.univie.ac.at/Frauenforschung/.

Behördliches

Amtliches und Rechliches - viele Informationen und Adressen dazu finden sich im elektronischen Amtshelfer Österreichs, help.gv.at. Unter anderem findest Du dort Informationen zu den Themen Kinderbetreuung, Alleinerziehung, Fachhochschulen, Geburt, Schwangerschaft, Schuleintritt und Universität: http://www.help.gv.at/.



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